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Der Lauf der Zeit
- Tara Tamon -


 

Tara Tamon

 

  www.tara-tamon.de 

 

 

Tara Tamon – geb. 26.11.1956, ist Psychologin und Menschenrechtlerin. Sie studierte Sprachwissenschaft, Kunstgeschichte und Psychologie in Deutschland und Spanien. Seit 10 Jahren beschäftigt sie sich vor allem mit der Problematik der sexualisierten Gewalt.
Bei dieser psychisch belastenden Arbeit braucht sie einen Ausgleich, etwas Konstruktives: das Schreiben. Ihre Geschichten sollen eine Handreichung für Menschen aller Altersklassen sein. Ganz besonders jedoch für Kinder, deren Probleme heute meist nur auf abstrakter Ebene diskutiert werden. Kinder haben in unseren Gesellschaften keine Entscheidungsfreiheit und keine Macht. Viele von ihnen werden  unterdrückt und auf unterschiedlichste Art und Weise misshandelt, vernachlässigt oder einfach nicht ernst genommen. 


Ihr schönster Charakterfehler?  Ich kann die Klappe nicht halten.


 

Die heutigen Erwachsenen waren auch einmal Kinder... Zu oft transportieren sie ihre eigenen Ängste und Verletzungen in die nächste Generation. So konnte und kann sich kaum ein Mensch jemals richtig entfalten und den für ihn oder sie richtigen und stimmigen Weg finden. Vielleicht - so hofft Tara Tamon - ist die eine oder andere Geschichte ja für manche wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, der durch Aufschaukelungsprozesse die Wirkung eines Orkans hervorrufen kann. In diesem Fall sollte es ein Orkan sein, der auf positive und reinigende Art durch die Menschheit wirbelt...

Tara Tamon´s Gedichte sind von sehr unterschiedlicher Art. Sie entstanden aus Gefühlsstimmungen wie "Trauer, Enttäuschung, Wut, Lust, Angst, Freude" oder - wie zum Beispiel die Pinguingedichte - mit einem kleinen Schalk im Nacken:  "reim dich witzig oder ich fress dich listig!".
So sind denn auch die Hintergründe und Themen der Gedichte vielfältig:  Krisenbewältigung (oder der Versuch), Sinnfragen, Identitätssuche, Freude über die eigene Entwicklung oder so manch neue Erkenntnis, Liebeszauber, Tränen über verlorene Liebe und Aufmüpfiges, werden in ganz verschiedenen Formen und Sprachspielen zum Ausruck gebracht. Kurze, fast mystische Erzählungen oder Balladenähnliches stammen aus früheren Zeiten. Dazu gehört "Die Alte mit den drei Samenkörnern" ebenso wie die "Sphinx" oder der "Schatten der Vergangenheit". 

 

 

 

Warten

Die Ungewissheit nagt an der Tür.
Ich höre sie knabbern und raspeln.
Dann und wann meine ich sie sogar
schlürfen zu hören, aber
es sind nur die Säfte meines Leibes, die
das Gespenst der Erstarrung absaugt.

Die unverschließbare Lücke meines Gehäuses ist schuld.
Sie ließ die Gespenster ein und
auch die Kobolde aus düsterer Vergangenheit.
Ein Fest der Wiederkehr feiern sie nun.
Ich kann sie deutlich sehen,
wie sie tanzen
und

alles, was ich mit Mühen bunt gestrichen hatte, wieder

mit schwarzer Tinte zuklecksen.
Ich kann sie auch hören, wie
sie kichern und höllisch schäppernd lachen.
Das Gespenst haben sie schon eingelassen, die Ungewissheit
sparen sie sich wohl noch
auf.

Sie ist zu groß und zu fett und geht nicht
durch die schmale Luke.
Noch hält der Oberkobold die Schlüssel für die Tür
in der Tasche versteckt.
Kann sein, dass sie sich langsam durchnagt,
kann sein, ihr wird Milde gewährt.
Wer weiß...

Oh, ich kann auch fühlen, wie sie rückwärts
tanzen, dabei ihren Lieblingsrhythmus schlagen. So
steht das Zeitrad still, dessen
schwungvolle Lebendigkeit ihre Ausgelassenheit
hemmt und sie stolpern macht.
Meine Qual ist ihr Quell, meine Lust ihr
Frust.

So sitze ich und starre.
Und sage nicht, "so geht doch", denn bevor
sie gehen, binden sie das Rad fest und
schicken bald darauf ihre unzähligen Verwandten. Selbst die Flucht in Morpheus' Arme
lindert
nicht.

Sie warten, bis er mich verlässt und
beginnen die Höllentänze noch
vor dem ersten
Augenaufschlag.
Meine wachsende Verzweiflung ist ihr Element,
meine Hoffnung ihr
Untergang.

Flüchte ich vor Schmerz in die Wälder, so
zeigen sie sich kokett verwirrt. Sie halten
ein, - das Zeitrad rollt schüchtern an,
aber!

- weit gefehlt! Schon stampfen sie den Takt
zurück, zurück,
zurück! Meine rastlose Zerfahrenheit ist ihre Nahrung, mein glückseliges Vorwärtsstreben
ihre Hungersnot...

 

Gedanken zur Zeit

Denke dir die Zeit als Strich
Was kannst du damit nicht alles tun:

Du kannst ihn dehnen und strecken
Dann wird dir die Zeit lang

Du kannst ihn pressen und stauchen
Dann fliegt Zeit dahin

Du kannst ihn in Zacken-, Wellen-
Und Schlingerformen umwandeln
Dann macht Zeit dich schwindeln

Du kannst aber auch Figuren formen
Dann wird deine Zeit Bunt.

 

 

Es war einmal eine kleine, blaue Spinne.

Die wohnte in einem Bücherregal
      in der linken, oberen Ecke der Reihe zwei
             und von mal zu mal
schwang sie sich an einem Faden baumelnd vorbei

                       an Kant's Vernunft
bis zu den Schätzen Silberner Seen
um schließlich ohne Grun(f)d
         sich neu einzufärben bei den Feen.

 

 

Die Krähen sammeln schon...

Die Krähen sammeln schon
Der Morgen ist so kühl.

Die Sonne zieht nicht mehr
Sie ist wohl müd´.

Der Sommerwind hat uns verlassen
Er zog schnell weiter; woanders hin.

Ich will es eigentlich nicht fassen
Doch darin liegt kein tief´rer Sinn.


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